Tessa

Wörterwurst

Mit "Guten Morgen" fing es an.

Alle dachten, wir redeten Japanisch oder Spanisch miteinander.
YFU Austria:

Viele Austauschschüler*innen die ihren Austausch in Estland - aber auch in Finnland, China, Thailand oder einem spanischsprachigen Land beginnen - sprechen die Sprache ihres Gastlandes noch nicht. Mit welchen Sprachkenntnissen bist du in dein Austauschjahr gefahren? Welche Gedanken und Gefühle hattest du dabei?

Tessa:

Die einzigen Worte die ich anfangs wusste waren “Guten Morgen”. Da Estnisch sehr schwer ist, hatte ich große Angst, dass ich es nie lernen würde. Am Anfang hörte sich die Sprache für mich wie eine “Wörterwurst” an, aber mit der Zeit ging es eigentlich.

Der erste Tag bei meiner Gastfamilie
YFU Austria:

Wie erging es dir mit diesen Sprachkenntnissen?

Tessa:

Ich habe mir sehr große Vorwürfe gemacht, dass ich nach drei Monaten immer noch nicht gut Estnisch sprechen konnte. Dann fiel es mir bald leichter und von da an wurde es immer besser.

YFU Austria:

Was ist das Besondere an der estnischen Sprache?

Tessa:

Viele Menschen verstehen Estnisch nicht, die allermeisten kennen nicht einmal ein einziges Wort. Wie verschieden die Sprache von der unsrigen ist, merkt man auch an der Reaktion der Menschen in Österreich. Als zwei Freundinnen aus Estland mich im Sommer in Österreich besucht haben, dachten alle, wir redeten Japanisch oder Spanisch miteinander.

YFU Austria:

War es am Anfang schwierig, die Menschen zu verstehen? Dich mitzuteilen? Kannst du uns von einem einprägsamen Erlebnis berichten?

Tessa:

Ich bin auf eine sehr gute Schule gegangen, deshalb konnten die meisten Englisch oder Deutsch. Natürlich gab es ein paar große und kleine Problemchen aber im Großen und Ganzen war es in Ordnung und ich lernte Estnisch recht schnell.
In meiner Schulklasse habe ich allen Schülern den Satz "Ich liebe Blumen." beigebracht. Das war ziemlich lustig.

YFU Austria:

Hast du einen Sprachkurs absolviert oder hast du dir die Sprache selbst beigebracht? Welche Erfahrung hast du damit gemacht?

Tessa:

Es gab bei mir keinen Sprachkurs und das Lehrbuch half mir nicht weiter. Ich habe mir Hilfe bei meiner Deutschlehrerin gesucht, wenn ich Fragen hatte.

YFU Austria:

Manche Austauschschüler*innen lesen Kinder- oder Märchenbücher, um die Sprache leichter und besser zu lernen. Was hast du getan, um schnell Estnisch zu lernen?

Tessa:

Ich habe Kinderbücher gelesen und mir alle Wörter aufgeschrieben, die ich nicht kannte. Außerdem habe ich die 1., 2. und 3. Klasse Volksschule besucht. Dort war ich zwar die Älteste und doppelt so groß wie alle anderen, aber aufgefallen bin ich ansonsten nicht. ;-) Ich habe darauf bestanden, dass alle Estnisch mit mir sprechen. Ich war immer so böse auf die Leute, die mit mir ihr Englisch verbessern wollten.

YFU Austria:

Erzähle uns von einem Schlüsselerlebnis an dem du gesagt hast - „Ich kann's!“?

Tessa:

Ich war auf einer Party und anfangs habe ich nie mitlachen können. Für einen Austauschschüler ist es ein großes Risiko einzuschätzen, an welche Stellen man jetzt lachen kann oder nicht. Lacht man an der falschen Stelle, kann das schon sehr peinlich sein. Dann war ein Freund dabei, eine Geschichte zu erzählen und ich musste einfach loslachen, weil sie so lustig war und mein Bruder sagte in die Runde: “Seht ihr, jetzt kann sie auch schon mitlachen!”.
Ein anderes Kriterium sind auch Probleme mit anderen Menschen. Wenn man Beziehungsprobleme in der jeweiligen Fremdsprache lösen kann, dann kann man die Sprache.

YFU Austria:

Was hat in deinem Fall besonders gut funktioniert? Welchen Tipp kannst du anderen Austauschschüler*innen mit auf den Weg geben, die Sprache leichter und besser zu lernen?

Tessa:

Mein Ratschlag an zukünftige Austauschschüler ist es, alles zu versuchen und mitzumachen. Immer sprechen und kommunizieren, egal wie komisch es auch klingt oder wie dumm man sich vorkommt. Am Anfang ist Vokabeln lernen wichtig, denn ohne diese kann man keine Sätze bilden.